Staubwolken in der kirgisischen Gebirgssteppe

Osh, Arslanbob, Toktogul, Bishkek, Bokonbaevo, Tossor, Karakol

Guten Morgen aus Aserbaidschan

Das Containerbüro des usbekisch-kirgisischen Grenzübergangs ist dunkel und müffig. Die Menschen drängeln. Einmal mehr fühlen wir uns ordentlich in der Schlange stehend etwas zu anständig und probieren es mit einem bösen Blick als wieder jemand vordrängeln will. Zusätzlich kommen uns unsere grossen und schweren Rucksäcke zu Gute und dienen nun als Abwehrschild gegen hinten und seitwärts. Geschafft: „Einmal in die Kamera schauen bitte“. Silvio geht in die Knie und ich auf die Zehenspitzen. Die kirgisischen Offiziere begrüssen uns freundlich und wünschen uns nach dem Stempeln des Passes „Good luck.“ Was wohl auf uns zukommt? Der Grenzübergang war bis jetzt der Einfachste, Kirgistan scheint etwas entspannter zu sein als seine Nachbarländer. Der Taxifahrer probiert es natürlich auch mit einem überrissenen Preis, doch der Schachzug des Weglaufens zwingt auch ihn in die Knie. Das neu eröffnete Hostel in Osh ist zwar sehr sauber und gut ausgestattet, doch es fehlt noch etwas an Atmosphäre. Die hilfsbereite, offene und neugierige Art des Managers macht jedoch alles wett. Er setzt sich zu uns auf die übergrossen Sessel, fragt uns über Europa aus, spricht gerne über Historisches und will immer wieder wissen, welche Tipps wir ihm für sein neues Hostel geben könnten und meint, wir seien das beste Reisepaar, das er kennt.

Osh hat eine eher chaotische und kreativere Stimmung als die letzten Reiseorte. Der Bazaar ist unglaublich gross, er wirkt fast wie ein Labyrinth und wir wissen nicht, was man dort nicht finden könnte. Ausser sich selber nicht mehr am richtigen Ort. Der Zoo hingegen ist miniaturmässig und bedrückt uns so, dass wir einen Plan schmieden, wie wir die Tiere frei lassen könnten. Der grosse Bär hält uns dann aber doch davon ab, ihn in die Menschenmenge im Vergnügungspark (ja, auch hier lieben sie ihre ganzjahres Chilbi-Pärke über alles!) zu schicken. Geld normal am Automaten abzuheben wirkt fast zu einfach und wir finden ein tolles Kaffee und geniessen endlich wieder mal einen Cappuccino! Der Aussichtshügel am Rande der Stadt scheint auch bei den Einheimischen beliebt, die sich in chicen Kleidern und Absatzschuhen nach oben kämpfen. Wir sind froh haben wir unsere Turnschuhe an und geniessen die Natur und Aussicht etwas weiter entfernt vom Bahnhofsstrassen-Catwalk auf dem Berg.

Im Hostel zurück zaubert il cucino Silvio leckere Pasta, die eine sehr willkommene Alternative zu Shashlik ist. Am nächsten Tag bieten uns die Museen ein Highlight nach dem andern. Wir sind uns jeweils nicht sicher, ob das Museum noch existiert oder einfach zu ist. Bei näherem Hinschauen entdecken wir dann jedoch einige Mitarbeiter, die zwar weder abstauben noch erklären. Sie bringen uns aber brav von Zimmer zu Zimmer und stellen jeweils das Licht an. Mit der Zeit wissen wir uns dann selber zu helfen und managen die Lichtknöpfe selber. Leider ist nichts auf Englisch angeschrieben, doch bei Fertigstellung der Ausstellungen anno dazumals waren wohl auch nur vereinzelt Touristen in der Stadt aufgetaucht. Die meist älteren Frauen, die oft noch halb eine Suppe schlürfen, bevor sie die Tür des Museums aufmachen, faszinieren uns eigentlich mehr als der Inhalt der Museen. Eines ist winzig klein und hat doch noch ein paar spannende Bilder. Im Konferenzraum werden uns stolz noch irgendwelche Fotografien präsentiert. Leider gibt es keine Theateraufführung hier, das wäre bestimmt auch unterhaltsam gewesen! Doch das Theater spielt sich für uns auf der Strasse ab. Bei einem Chai und Würfelspiel beobachten wir nebenbei das Treiben der Stadt. Ein junger Kirgise spricht uns an und besucht uns dann im Hostel. Er plaudert, will von uns gerne wissen, wie er seine Akne-Haut wohl am besten wegkriegt, welche Musik wir hören, ob sein English gut sei und wie er wohl eine Greencard für die USA bekomme. Wir können ihm leider kaum weiterhelfen, verbringen mit ihm aber eine unterhaltsame halbe Stunde mit Chips und Cola. Es scheint, als würden auch in Kirgistan (Anmerkung,die nun Laurin mitteilen würde: man kann auch Kirgisistan sagen ;-)) die jungen Menschen ins Ausland wollen. Oft erzählen sie von ihren Verwandten im Ausland und den wenigen und schlechten Aussichten im Inland. Der Manager des Hostels meint, die Sowietzeit habe sicher einiges Gutes gehabt, doch ein solches Hostel hätte er nie aufbauen können. Und das sei schon immer sein Traum gewesen. Er wäre aber lieber in der Stadt Bishkek, wo seine Freunde sind. Hier kenne er wenige, aber weil sein kleiner Bruder nicht mehr bei den Eltern ist, muss der grosse Bruder her. Und wenn er genug Geld beisammen hat, will er auch die Welt bereisen.

Mit diesen Eindrücken gefüllt, reisen wir weiter nördlich nach Arslanbob. Wir sind beide froh, als wir endlich ankommen, denn die Taxifahrt war einmal mehr gefühlt lebensgefährlich, aber das scheint seit dem Kaukasus leider einfach ihr Fahrstil zu sein: voll aufs Gas, dauernd abbremsen wie wild, möglichst immer alle überall überholen - nach links oder rechts - möglichst wie im Wilden Westen. Oder im Verfolgungsjagd-Film. Dazu dann meist noch Musik, die einem die Ohren sprengt oder mit dem speziellen „modernen“ Mix die Ohren nicht wirklich beglückt. Der Taxifahrer wurde misteriöserweise gewechselt und der Neue will uns nicht bis ans abgemachte Ziel bringen. Wir insistieren, er auf Russisch, wir auf Schweizerdeutsch bis plötzlich Nurshudin am Markplatz steht und sagt, er sei vom Hostel und fahre uns zu sich. Piuh! Es schien in Strömen geregnet zu haben, die Strasse im kleinen Bergdorf sind nun ziemlich kaputt und es schüttelt uns im speziellen Bergdorf-Taxi hinten im Gepäckteil einmal durch. Umso mehr freuen wir uns, in seinem schönen, selbst gebauten Haus mit grossem Garten anzukommen. Die Familie ist absolut liebenswert, seine Grosskinder begrüssen uns mit einem Highfive und wir kriegen das schönste und grösste Zimmer inklusiv Treppe in den Garten. Wir fühlen uns sofort wohl, lernen noch ein tolles Paar aus Holland kennen, sind begeistert vom Familienguesthouse und dem Dorf und verlängern unsere Nächte jedes Mal wieder. Der Garten und die Umgebung sind wie eine Oase, alles ist grün und leuchtet saftig, die imposanten Berge umgeben das Dorf und die Menschen hier wirken zufrieden und authentisch. Wir werden überall mit „Hello whats your name?“ begrüsst und angelacht. Die Frauen tragen bunte Röcke mit schön verzierten Gilets und Kopftücher, Muster und Farben wild durchmischt. Am Wegrand zum Fluss werden wir von Bauarbeitern hergewinkt, sie teilen ihre einzige Tasse Chai und wir geben sie zu fünft im Kreis herum.

Am Mittwoch findet jeweils der Markt statt und es scheint, als käme das ganze Dorf. Sie machen sich extra hübsch und die Stimmung wirkt ausgelassen. Gemüse, Früchte, ihr Nan-Brot, ungekühltes Fleisch, Samsas, Kleider, Schuhe und Stoffe am Meter werden angeboten, es ist ein gemütliches Treiben im Gange. Marielle, die Holländerin, probiert bequeme, luftige Hosen hinter einer improvisierten Kleiderkabine von der Marktfrau und mir. Am Schluss des Markts verzaubert mich eines der Kleider, die die Frauen hier tragen und auch die Verkäuferinnen sind begeistert. Für den Tiermarkt waren wir leider etwas zu spät, es gab nur noch einige Schafe und eine witzige Ziege mit Föhnfrisur. Die Schafe haben alle einen riesen Hintern, anscheinend speziell für diese Rasse hier. Später wird uns erklärt, dass immer der Ehrengast das Hinterteil kriegt und es so richtig auf dem Teller wabbelt. Wir freuen uns auf unser Vegi- Marktzmittag: es ist wunderbar frisch, die Melone perfekt reif. Schon ein paar Mal haben uns die Düfte der gut reifen Früchte auf dem Markt begeistert, sogar mich als Früchte-Verschmäherin. Die Zeit in Arslanbob verbringen wir vor allem in ihrem schönen Garten, spielend mit den Kindern, viel lesend und quatschend mit den Holländern und dem Gastgeber, der relativ gut English gelernt hat. Nurshudin ist seit einem halben Jahr mit seinem Guesthouse selbtständig und es wird ihm fast die Bude eingerannt. Während unserer Zeit kommen und gehen neue Touristen. 10 Reisende aufs Mal haben in seinem grossen Haus Platz. Seine Frau und Schwiegertochter bereiten immer für alle reichhaltiges und vielfältiges Essen zu. Er bezahle sie für ihre Arbeit für das Guesthouse, erzählt er uns stolz und überrascht uns allgemein mit seinen fortschrittlichen Ideologien in dieser Kultur und dem eher konservativen Dörfchenleben. Seine Kinder durften aus Liebe heiraten und nicht aus Zwang, wie das noch in einigen zentralasiatischen Gegenden bis heute oft der Fall ist. Brautraub wird der Brauch auch oft genannt, denn die Frau wird regelrecht überrascht, abgeführt und in die neue Familie gebracht, wo sie direkt verheiratet wird. Sie kann kaum ablehnen und wenn, dann wäre es für beide Familien eine Schande. Seit 2013 ist es verboten, aber trotzdem noch häufig verbreitet. Es gibt einige erschreckende aber wissenswerte Dokus darüber: https://youtu.be/wVnWreFcX8c und https://youtu.be/4uEIO9jvwLs

Die kleinen Grossenkel von Nurshudin tauen jeden Tag mehr auf und zeigen uns ihre Tiere. Hühner, Hasen und Enten mit ihren Entchen. Der vierjährige Abbou packt den Hasen gekonnt und steckt ihn jeweils am Abend wieder in das Käfig zurück. Den Tag durch dürfen sie jeweils im Garten frei herumrennen. Er hat drei solcher grossen Hasen und es sind aber nie alle gleichzeitig draussen. Abbou schiebt einen grossen Holzblock auf die Seite und reisst die Metalltür auf. „Bibibibi“ ruft er und die Mama Ente watschelt mit ihren 12 Jungen raus. Am nächsten und übernächsten Tag finden wir sie nicht mehr. Wurden sie in der Nacht gefressen? Haben sie sie umquartiert? Abbou versteht unsere Frage nicht und Nurshudin weiss auch nicht mehr. Erst als er mit der Oma, seiner Frau, spricht, ist es klar: sie hat die Entchen samt Mama Ente verkauft. Für 1800 Som. Nurshudin lacht und sagt nur „Für die Tiere sind Oma und die Grosskinder zuständig, ich hab damit nichts zu tun“.

Am nächsten Tag holt uns Abdul mit seinen Pferden ab. Zusammen mit dem holländischen Paar machen wir einen Tagesausritt in die umliegende Berggegend, durch die Baumnusswälder an die Wasserfälle. Zum Mittagessen gibts (natürlich!) Shashlik, auf dem Feuer mitten im Wald gebraten. Der Tisch ist aus Steinstücken zusammen gebaut und die ganze Umgebung sehr idyllisch. Abdul spricht gut English und ist ein aufgestellter junger Mann. Er erzählt, dass er sehr gerne in der Schweiz auf einem Bauernhof mithelfen würde. Ob wir was für ihn kennen? Er reitet auf dem wildesten Pferd und hat es sehr gut unter Kontrolle, meint auch, dies sei ein starkes und schnelles Pferd für die nationalen Spiele. Wir sind alle froh, sitzen wir nicht auf dem Sattel dieses Pferdes. Gemütlich trotten wir durch die wunderschöne und eindrückliche Gegend und überqueren hoch zu Pferd die wilden Flüsse. Da wir fast alle Anfänger-ReiterInnen sind, hat Abdul seine Kollegen dabei, die nebenbei wandern. Der Junge, der mein Pferd gebracht hat, ist nicht älter als 12 und steigt aus Müdigkeit immer wieder mal hinten auf mein Pferd mit auf. Während dem Ritt lernen wir uns gegenseitig english-kirgisische Wörter für „Haus, Pferd, rechts, links, geradeaus“.

Am Abend sowie am nächsten Tag ist der schöne Ausritt noch gut in unseren Körpern spürbar. Abdul kommt nochmals bei uns vorbei, spielt mit uns unser Würfelspiel und schenkt uns zum Abschied bereits geknackte Baumnüsse von seinen Wäldern. Bis tief in die Nacht plaudern wir mit neuen Reisenden und werden nach einer kurzen Nacht auf den Dorfplatz gefahren. Dieser ist zu dieser Zeit noch ganz leer und ruhig. Der kleine Bus ist bereits fast voll, wir ergattern noch zwei Plätze zuhinterst (Durchschütteln und Schweissnachbarn garantiert), denn bald ist der Bus auch im Gang gestopft voll. Es erinnert mich an Honduras. Nur fehlt der Reggaeton noch dazu. Die Kirgisen sprechen angenehm leise miteinander. Von hinten sind ihre unterschiedlichen Hüte sichtbar. Der traditionelle kirgisische Hut ist auch von Weitem gut sichtbar, da er bestimmt 20 Zentimeter Höhe erreicht. Auch die Busfahrer glauben, auf einer Rennstrecke zu sein und übertrumpfen sich gegenseitig mit dem Gas- und Bremspedal. Irgendwie schien mir das hohe Pferd trotz weniger Reitkenntnisse sicherer als dieser Bus. Das kleine Kind neben uns muss erbrechen, der alte Mann nebendran hilft der Frau und wir können zum Glück noch ein Papiertüchlein beisteuern. Er lächelt uns mit seinen Goldzähnen entgegen und reicht es der Frau weiter. Die Menschen steigen aus und ein, irgendwo in der kirgisischen Pampa. Auch im vollgestopften Bus begrüssen sich einige Männer mit ihren Stirn-an-Stirn Begrüssungen.Wir haben bereits unterschiedliche Begrüssungsrituale beobachtet, was überall gleich ist: den Frauen wird nicht die Hand geschüttelt. Ich hab es immer wieder probiert, aber es scheint nicht angebracht zu sein. Eine Begrüssung unter Frauen hat mir speziell gut gefallen, die werde ich in der Schweiz einführen. Im nächsten grösseren Ortschäftchen steigen wir in einen anderen Bus mit dem Ziel: Toktogul auf dem Weg zu Bishkek. Doch bis der Bus abfährt, dauert es noch eine Weile. Er füllt sich, es heisst wir müssen stehen. Dann hat es doch Plätze. Wieder auf der hintersten Schüttelreihe. Von da aus beobachten wir und versuchen zu verstehen: ständig wechseln die Menschen Plätze, gehen raus und kommen wieder, gehen raus und kommen nicht wieder. Bringen Gepäck und geben es wieder raus. Wir sehen absolut keine Logik dahinter und freuen uns, als der Bus eine Stunde später abfährt und niemand mehr Plätze tauscht. Es ist eng und heiss. Sehr heiss. Es riecht nicht gut und die Oma vor uns scheint stark erkältet zu sein. Sie will das kleine Dachfenster, die einzige winzige Luftquelle, vehement zu haben und wickelt sich in Wolltücher ein! Sie muss wirklich sehr frieren in dieser Affenhitze.

Toktogul begeistert uns wenig, vor allem nach der schönen Naturzeit in Arslanbob. Das einzige Highlight ist der Spaziergang an den grossen Reservoir-See, wo wir uns mit einem Schwumm abkühlen. Da es leider keine Bäume hat, die Schatten spenden, sind wir trotz Sonnencrème und Kopftuch am Abend verbrannt. Das zweite Highlight ist das deutsche Paar, das wir wieder treffen. Wir verbringen einen Abend diskutierend und lachend mit den beiden Frauen und planen einen Wohnungstausch Hamburg-Zürich.

Nach einer wunderschönen 6-stündigen Fahrt durch die Berge und über die Pässe mit Pferden, Kühen und Ziegen um die umliegenden Jurten herum erreichen wir Bishkek. Wir wären lieber noch etwas in der kirgisischen wunderschönen Natur geblieben. Bishkek ist gross, für zentralasiatische Verhältnisse modern und laut. Die Menschen total gestylet und geschminkt. Der Unterschied zu den ländlichen Regionen ist extrem. Der Kapitalismus ist hier extrem sichtbar und die Oberflächlichkeit stösst uns etwas ab. Dafür hat es auch Handy Spezialisten, die uns im Nu unsere Handys flicken. In der Schweiz hätten wir dafür ein Vermögen bezahlt oder sie hätten gesagt: nicht möglich! Doch hier in diesem PhoneCenter ist alles möglich und der Screen sieht aus wie neu.

Wir wollen wieder mehr in die Natur und fahren Richtung Isseykol-See. Die erste Nacht verbringen wir in einer Jurte am See. Klingt idyllisch aber irgendwie fühlen wir uns nicht wohl. Es ist leicht schmuddelig und wir sind uns nicht sicher, woher sie ihr Wasser für den Tee und die Küche nehmen. Magendarm-Infektion Hallo! denken wir uns, doch wir bleiben mit dem üblichen eher wässrigen Stuhlgang zurück. WC gibt es eines 300 Meter entfernt, mit kaputter Tür und seit 100 Jahren nicht mehr geputzt. Der Abendsonnenuntergang macht wieder einmal alles wett. Wir steigen auf die Hügel und blicken auf den See, der nun fast wie ein Meer wirkt. Die Einheimischen kommen hier tagsüber baden, so hatten wir Gratis-Fernsehprogramm. Mit Sandsäcken hatten sie spektakulär kleine Sprungbretter gebaut. Die Frauen gehen mitsamt Kleidern und Kopftuch ins Wasser. Und der Strassenhund sucht noch immer nach Essensresten. Am nächsten Tag fahren wir dem See entlang mit Autostopp weiter bis wir zu unserer nächsten Oase gelangen. Auf dem Spazierweg an den See runter rennen plötzlich aus der Ecke geschossen zwei kleine Kinder auf uns zu, als hätte sie eine Tarantel gestochen. Bei uns angelangt strecken sie uns saure Kirschen hin. Als wir sie freudig annehmen, lachen sie stolz und rufen im Wegrennen„byebye“. Mit dieser kleinen Verpflegung sind wir noch motivierter auf dem Weg zum nächsten Ziel: Wieder ein Jurtencamp am See, dieses Mal mit viel Liebe, schön verziert, sauber und soweit das beste Essen in Kirgistan! Es werden weitere Jurten aufgebaut und wir bestaunen den Prozess. Seine Jurten sind alle traditionell, das heisst alles mit Naturmaterialien. Die Verbindungen der geschwungenen Holzstücke sind keine Schrauben, sondern Kuhaut, die hart wird. Ich setze mich zu den Näherinnen und Näher, die geschickt die grossen Filzjurten-Teile mit verschiedenen Verbindungsstichen zusammen nähen. Sie sitzen im Schatten unter dem Dach, hören Musik und singen mit. Später finden wir heraus, dass sie von frühmorgens bis spätabends arbeiten. Als Schutz am Zeigefinger dient ihnen ein umgebundenes Lederstück. Wir lernen Shiila, eine weitere Holländerin kennen und verbringen die Tage mit ihr am See. Das Wasser ist wunderbar kühlend, beim Tauchen erscheint das schöneste Unterwasserblau, das ich bisher gesehen habe. Das Wasser ist ganz leicht salzig, die Natur rundherum bergig, der Sand ziemlich fein. Ein Traum! Wir bleiben einmal mehr länger als geplant. Im Nachbarcamp finden Sommerlager für Kinder statt. Eines Abends hören wir sie am Lagerfeuer singen und setzen uns zu ihnen als Feuer. Pubertierende Jungs, die ein Lied nach dem anderen anstimmen und mit voller Euphorie dabei sind. Mädchen, die stolz da stehen und mit Freude singen. Mein Lehrerinnenherz schlägt höher und mich berührt ihre Verbundenheit zu traditioneller Musik. Kurz darauf erklärt ein Leiter auf Russisch den Sternenhimmel. Trotz unserer Sprachbarriere zieht er auch uns in den Bann. Volle Konzentration während 15 Minuten auch bei den Kindern!Beschwingt schlafen wir mit Musik in den Ohren in der schönen Jurte ein.

Mit einer Gruppe Reise-Jungs geht es am nächsten Tag als Ausflug in die umliegenden Berge, um das Training der Pferdesportler zu sehen. Ihr Nationalsport ist hoch zu Pferd, intensiv und kräftezehrend. Der Galopp der Pferde ist von Weitem zu hören und in der Nähe des Geländes durch den Boden spürbar. Der Staub weht in die Luft auf, die Pferde schnauben und die Sportler rufen und peitschen. Die Luft ist frisch und angenehm. Es ist ein Spektakel. Ziel ist es, das Objekt (ihr seht es auf den Fotos, was genau es ist: auf jeden Fall nichts für Tierliebhaber) in die grossen Brunnen, die als Goal dienen, zu werfen. Oft galoppieren die Pferde so schnell zum Goal, dass nicht nur das Objekt sondern gleich der Reiter auch hinein plumpst. Eindrücklich! Natürlich sind es wieder nur Männer auf dem Pferd, zu gern hätte ich eine Frau hoch zu Pferd gesichtet.

Die Jungs-Truppe geht am nächsten Tag eine organisierte Falkenjagd anschauen, dies erscheint uns dann doch einen Tick zu touristisch und wir ziehen weiter Richtung Karakol, mit dem Ziel am gleichen Tag noch an die Grenze und bis nach Almaty zu kommen. Einmal mehr eine weite Strecke. Zum Glück gibt es bei diesem heissen Wetter immer wieder Eistruhen mit Glacés. Auch wenn meist nicht das Glacé in der Packung ist, das auf dem Bild zu sehen ist, wirkt die Abkühlung. Silvio ist momentan nicht erreichbar, da sein Handy blöderweise abhanden gekommen ist. Wir sind froh, ist es das Handy, das weg ist und nicht einer von uns zwei spurlos verschwunden. 😅

Sommerliche Grüsse aus mittlerweile wieder Aserbaidschan,
Bigna und Silvio

Diesmal sind die Fotos leider ungeordnet: